Spielen ist nicht nur Methode, sondern vor allem Werkzeug!
Uns als Mitarbeiter*innen der offene Kinder- und Jugendarbeit in Wien ist bewusst, dass in Zeiten der Pandemie Maßnahmen getroffen werden, um Menschen vor der Ansteckung mit COVID-19 zu schützen. Unsere Arbeit macht allerdings deutlich, dass Kinder und Jugendliche massiv von diesen Einschränkungen betroffen sind, welche Folgen für ihr Leben haben werden. Mit diesem Positionspapier wollen wir einen pädagogisch-fachlichen Beitrag zu medialen und fachlichen Debatten im Kontext der Corona-Pandemie leisten.
Von November 2020 bis März 2021 waren unsere Einrichtungen für Kinder, Teenies, Jugendliche und junge Erwachsene vorwiegend geschlossen. Sie erreichten uns bzw. wir sie nur über Soziale Medien und virtuelle Räume, die zwar einen vorübergehenden Ersatz bieten, aber nicht annähernd die selben Bedürfnisse erfüllen, wie unsere Angebote vor Ort. Rein durften sie nur im Einzelsetting, wenn sie Beratungs- bzw. Informationsbedarf hatten oder unsere Unterstützung bei Schulaufgaben und Bewerbungen brauchten. Beratungen und Gespräche sind zwar wichtige Angebote der Jugendarbeit, allerdings benutzen wir Werkzeuge wie Wuzzeln, Playstation spielen und Uno, um mit unseren Zielgruppen ins Gespräch zu kommen. Beratungen finden oft zwischen Tür und Angel statt, nicht bei vereinbarten Terminen. Unsere Angebotsmöglichkeiten im Lockdown und Lockdown „light” konnten diese Sensibilität und Niederschwelligkeit sowie die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen dahingehend nicht erfüllen.
Die derzeitige Situation ist für unsere Zielgruppen psychisch sehr belastend und sie stoßen nach einem Jahr Einschränkungen ihres Sozial- und Freizeitverhaltens an die Grenzen ihres Durchhaltevermögens. Ihnen fehlen ihre Freund*innen, Freizeitangebote, Ablenkungen von Schule und Familie und auch die stark entlastende Funktion von Räumen und Gruppenangeboten der Jugendarbeit. Sie wollen in unseren Einrichtungen mit Freund*innen gemeinsam Spaß haben, kochen, Playstation spielen, raufen, plaudern und der Kontrolle ihrer Erziehungsberechtigten zumindest zeitweise entkommen. Spielen ist ein wesentlicher Teil (sozial-)pädagogischen Handelns und Kinder und Jugendliche sind auf den im Spielen entstehenden Freiraum angewiesen.
Es ist klar, dass in der Zeit einer anhaltenden Pandemie nur eine beschränkte Anzahl an Personen unsere Einrichtungen besuchen kann. Klar ist außerdem, dass alle Masken tragen müssen, dass Hände gewaschen und Räume regelmäßig desinfiziert werden. Wir wollen also in Zukunft mit all der notwendigen Vorsicht und unserer fachlichen Expertise selbst entscheiden, mit welchen freizeitpädagogischen Tätigkeiten und Angeboten wir unsere Zielgruppen innerhalb vorgegebener Rahmenbedingungen am besten in dieser schwierigen Zeit begleiten können.
Seit 15. März 2021 ist es wieder möglich Angebote für Gruppen bis zu 10 Personen zu machen: Die rechtlichen Vorgaben beschränken unsere Zielgruppe auf Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – eine Altersgrenze, die es in der Jugendarbeit bisher nicht gab. Weiters müssen Besucher*innen ab 10 Jahren ein negatives Testergebnis vorweisen um sich indoor aufzuhalten, Schultests und Selbsttests gelten nicht – dies schafft ein sehr hochschwelliges Setting, das unseren Zielgruppen den Zugang zum gemeinsamen Sein erschwert.
Wir unterstützen die Forderungen der bOJA im Positionspapier „Das Recht der Jugendlichen auf Offene Jugendarbeit.”
[https://www.boja.at/sites/default/files/wissen/2020-04/Empfehlung_%C3%96ffnung%20OJA.pdf]